Social-Media-Potentiale im politischen Alltag

Twitter hat Barack Obama zwar nicht zum US-Präsidenten gemacht, war aber, wenn man sich an seine Wahl 2008 erinnert, ein präsenter Teil im Kommunikationsprofil des jetzigen Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Politik und Social Media – so jedenfalls der Tenor damals – das wird was Größeres.

Heute, immerhin knapp drei Jahre später, sollte man meinen, dass dieser Trend auch in der breiten Masse politischer Amtsträger angekommen ist. Immerhin wachsen die Nutzerzahlen der großen Social Media Dienste wie Twitter oder Facebook kontinuierlich und mit bemerkenswerter Geschwindigkeit.

Facebook hat nach aktuellen Erhebungen inzwischen um die 15 Millionen Nutzer allein in Deutschland. Auch Twitter hat im letzten Jahr noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen und kann nach einer Phase der Stagnation im Frühjahr und Sommer 2010 in den letzten Monaten wieder mit Wachstum glänzen. Derzeit gehen Schätzungen von knapp einer halbe Million deutschsprachiger Twitter-Accounts aus. Immerhin mehr als doppelt so viel, wie zum Jahresbeginn 2010.

Fast ein Fünftel aller Deutschen ist also inzwischen im Social Web aktiv. Gründe genug dort auch die politische Klasse vorzufinden –  so könnte man meinen. Wenige (virtuelle) Orte bieten schließlich so einfach und direkt die Gelegenheit sich den potentiellen Wählern zu präsentieren. Aber weit gefehlt:

Eine aktuelle Studie der TU Ilmenau Facebook-Euphorie verflogen – Deutsche Politiker setzen kaum auf Wähleransprache via Facebook zeigt, dass die meisten Abgeordneten sich nach wie vor weitgehend aus dem Social-Web fernhalten.

Der Blick auf alle offiziellen Facebook-Seiten der Mitglieder des Deutschen Bundestags (sowie der Abgeordneter dreier ausgewählter Landtage aus Nord, Ost und Süddeutschland) malt ein trauriges Bild: Nicht einmal ein Viertel unserer Vertreter im Bundestag (exakt 23%) ist bei Facebook präsent. In den Landtagen sind es noch weniger – hier sind im Durchschnitt sogar noch unter 10% der Abgeordneten bei Facebook zu finden. Die Quote ist demnach deutlich schlechter als in der Gesamtbevölkerung.

Kurz gesagt:
Zwischen 15 Millionen Facebook-Nutzern zufällig auf seinen Landtagsabgeordneten zu treffen ist weniger wahrscheinlich, als ihm auf der Straße zu begegnen.

Und nur etwa ein Drittel dieser Abgeordneten nutzt das neue Medium aktiv. Das sind auf den Bundestag hochgerechnet etwas mehr als 50 Abgeordnete. Nur fünfzig von mehr als Sechshundert Bundestagsabgeordneten bewegen sich also in der Social Media Realität ihrer Zielgruppe.

Während die Relevanz moderner Kommunikationskanäle in Marketing und Öffentlichkeitsarbeit inzwischen weitgehend akzeptiert ist und auch die Führungsetagen großer Konzerne sichtbar daran interessiert sind, diese Kanäle für die Kommunikation mit dem Kunden zu nutzen, scheint die politische Klasse hier also weitgehend in alten Mustern zu verharren.

Während „Online“ in aller Munde ist, hören große Teile unserer Abgeordneten lieber nur zu. Zeit für einen Aufbruch? Vielleicht wäre hier etwas Beratung in puncto Social Media einmal angebracht.

Wenn sie denn auf offene Ohren trifft.

Dieser Beitrag wurde unter Alle, Online-Marketing, Social Media abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.