Print wirkt wirklich, Web wirkt wenig

Bei MediaAnalyzer beschäftigen wir uns neben dem Test von Kampagnen selbstverständlich auch mit der Entwicklung der Medien, in denen die Kampagnen geschaltet werden. Dabei ist ein zentraler Trend der vergangenen Jahre bekanntlich die Bewegung von Print zu Online.

Nun stellt sich aus unserer Sicht dabei die Frage, was hinter diesem Trend steckt – sind es messbare Fakten oder handelt es sich eher um eine Mode?

Modeerscheinungen werden dadurch gekennzeichnet, dass einige Leute etwas persönlich für sehr angesagt halten, ihren Kunden darum erzählen, das müssten sie auch unbedingt machen, dabei aber keinen Gedanken daran verlieren, ob man so wirklich die Zielgruppe erreicht.

Nicht wegzudiskutieren ist natürlich, dass die Printnutzung seit Jahren rückläufig ist, während Online ansteigt. Doch das ist eher ein Thema für die Planung von Reichweiten. Uns soll in dieser Betrachtung vor allem der Teil der Werbewirkung interessieren, der durch den Kontakt mit dem Werbemittel ausgelöst wird.

Machen wir ein einfaches Gedankenexperiment:

Person 1 hat vor sich eine durchschnittliche Zeitschrift liegen. Links eine redaktionelle Seite mit einem Foto, einer Grafik und 1-2 Headlines. Rechts eine 1/1 Anzeige mit Key Visual, Headline, Logo.

Person 2 schaut sich eine durchschnittliche Webseite an. Sie enthält eine Reihe von Fotos und Grafiken sowie mehrere Headlines. Oben befindet sich ein Banner, an der Seite befindet sich ein Skyscraper und beide sind ca. 10 Sekunden animiert.

Folgende Fragen zur Diskussion:

Mit Werbung überladene Platzierung

Beispiel 1: Geringe Wahrnehmung bei mit Werbung überladener Platzierung (Quelle: stern.de)

  • Wie viel Fläche nimmt die Anzeige im Verhältnis zum redaktionellen Teil ein? Und wie viel Fläche besitzt das Banner oder der Skyscraper? (Siehe Beispiel 1)
  • Wie stark wird die Anzeige im Umfeld beachtet werden? Und wie stark Banner und Skyscraper auf einer typischen Webseite?
  • Werden die Werbemittel durchgehend beachtet oder nur einen Teil der Zeit? Wie groß wird also der Anteil der Betrachter sein, die jeweils Botschaft und Logo sehen?
  • Werden Sie eher mit einer 1/1 Anzeige oder mit typischer Onlinewerbung Ihr Image transportieren? Und was bleibt eher in Erinnerung?

Ich werden Ihnen an dieser Stelle ganz bewusst keine detaillierte Antwort auf alle Fragen geben, denn um dies seriös zu tun, müsste ich eine sehr groß angelegte Vergleichsstudie verfügbar haben. Doch einige beispielhafte Werte aus unserer Forschung möchte ich Ihnen nennen, um zu zeigen, warum bei Onlinewerbung eine Portion Skepsis nicht unangebracht ist und Sie mit Print im Vergleich weiterhin eine gute Wahl treffen.

Im Laufe der letzten 10 Jahre haben wir diverse Formen von Onlinewerbung getestet. Dabei stellten wir unter anderem folgendes fest:

  • Klassische Onlinewerbung (Banner, Skyscraper, Rectangle) erhält weniger als halb so viel Aufmerksamkeit wie typische 1/1 Printwerbung. Angesichts der Tatsache, dass diese Werbeform eine eher kleine und oft stiefmütterliche Fläche einnimmt ist dies sogar noch etwas mehr als man erwarten könnte. (Siehe Beispiel 2)

    Kleine Flächen ganz am Rand: So werden zahlende Werbekunden Online behandelt

    Beispiel 2: Kleine Flächen am Rand, so wird Werbung Online platziert (Quelle: stern.de)

  • Die ungestützte Werbeerinnerung für klassische Onlinewerbung ist zum Teil wirklich unterirdisch, mit Werten die manchmal kaum noch messbar sind, im Durchschnitt schaffen wir es aber immerhin noch, den Bereich  zweistelliger Werte zu erreichen.
  • Die Betrachter sehen immer nur einen Teil derAnimationsstufen, weil sie die meiste Zeit die Inhalte der Webseite beachten, nicht die WebAd. Dies bewirkt, dass der Zusammenhang von Bildern, Botschaft und Angebot häufig nicht klar wird oder Produkt und Marke gar nicht gesehen werden.
  • Der Einfluss eines klassischen Onlinewerbemittels auf Imageparameter erscheint basierend auf unseren bisherigen Ergebnissen im Vergleich zu einer Printanzeige erschreckend niedrig. Dabei spielen natürlich auch das oft niedrige Involvement und die hohe Ablenkung im Web eine Rolle. Print bietet hier eine wesentlich bessere Plattform.

Unabhängig von diesen Daten sind aber vor allem die zur Diskussion gestellten Überlegungen ein praktisches Beispiel dafür, wie man einem Trend durch kritisches Denken begegnen kann und sollte, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, alles schlecht zu machen. Denn abgesehen von der offensichtlichen Botschaft, Print weiterhin als einen der wichtigsten Werbekanäle zu begreifen und die Möglichkeiten Online bitte nicht zu überschätzen, kann man aus Onlinewerbung durchaus mehr Wirkung herausholen, als dies heute leider oft noch der Fall ist.

Folgende Tipps möchten ich Ihnen daher mitgeben:

  • Ein Weg um die niedrige Aufmerksamkeit zu umgehen ist die Nutzung von Sonderwerbeformen. Geschickt ausgewählt (aufmerksamkeitsstark ohne zu nerven) ist dort deutlich mehr Wirkung fürs Budget drin. (Siehe Beispiel 3)

    Gut: Auffälliges Sonderformat. Schlecht: Passung des Umfelds zur Marke...

    Beispiel 3: Gut: Auffälliges Sonderformat. Schlecht: Fehlende Passung des Umfelds. (Quelle: bunte.de)

  • Weiterhin sollte man sich von der Illusion verabschieden, im Web längere Geschichten zu erzählen, denn die sieht ohnehin keiner. Das Web ist in der Wirkung tatsächlich eher vergleichbar mit Outdoor: Visuelle Durchsetzung, schnell auf den Punkt kommen und die Marke nicht vernachlässigen.
  • Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Platzierung. Randplatzierungen sind verschwendetes Geld, desweiteren sind Contentseiten Übersichtsseiten klar überlegen, weil hier a) mehr Zeit verbracht wird und b) weniger visuelle Konkurrenz besteht.
  • Zu guter Letzt: Vergessen Sie Klicks. Die meisten unserer Kunden sind klassische Brands, die in erster Linie nicht über Klicks verkaufen. Aus diesem Grund sollte der Fokus dieser Kampagnen (und  der Werbewirkungstests…) auch klassisch sein: Message, Produkt, Marke.

Abschließend: Wie immer so kommt es auch hier letztlich natürlich auf den richtigen Mix an.

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Ob Online oder klassische Werbung, gern berate ich Sie, um die Wirkung Ihrer Kampagne zu testen und zu optimieren. Joachim Netz.

Über Joachim Agüeras Netz

Joachim Agüeras Netz ist Diplom Soziologe mit Schwerpunkt Kommunikation und Informatik. Er ist seit 2004 bei MediaAnalyzer tätig und übernahm Mitte 2009 die Vertriebsleitung. Der erfahrene Marktforscher ist Spezialist für Werbewirkung und hat in seiner Laufbahn bereits mehr als 1.000 Studien zu diesem Thema betreut. Er ist für die Betreuung namhafter nationaler und internationaler Kunden zuständig und führt regelmäßig Workshops zur Steigerung der Effizienz im Marketing durch.
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